Montag, 20. Dezember 2010

Der Weihnachtsmann hat den Text vergessen

Adrian passiert selten was. Meistens ist Adrian zuhause und macht sein Ding. Zwischendurch spült er Geschirr, baut Regale auf und putzt - was man halt so macht als Feminist zweiten Grades, wenn man sich in Baden-Baden ein Nest bauen will.

Penelope hingegen ist völlig aufgegangen in ihrer traditionellen Ernährerinnen-Rolle. Und Adrian ist unverhofft zum Hausmann geworden. Hausmann war jetzt nie in der engeren Auswahl seiner Traumberufe. Aber er hofft ja auch, daß die Penelope ihre Worklife-Balance mal langsam in den Griff bekommt und dann gemeinsam mit ihm abspült, oder ihm hilft, den riesigen Berg Altpapier rauszuschaffen.

Ja, das ist das Gute an Pärchenblogs: Man kann alles in der Öffentlichkeit austragen. Erst dachte Adrian: Pärchenblogs - das fieseste seit der Erfindung von Partnerlook und Diddelmäusen. Aber eigentlich muß man seinem Partner nur ordentlich eins vor den Latz bloggen, und gelegentlich durchblicken lassen, wie furchtbar so ein Pärchendasein im Grunde ist.
Dann haben auch die Leser Spaß.

Aber Nestbauer- und -beschmutzer-Spaß beiseite - Denn -- jetzt ist schon wieder was passiert: Adrian kam grade aus dem Supermarkt und bahnte sich seinen Weg durchs Schneegestöber zur Bushaltestelle, da stand der Weihnachtsmann - in zivil. Ohne seine rote Uniform wirkte er ein bischen kauzig, vor allem weil er sehr laut und in ganz eigener Intonation Weihnachtslieder in die Kälte hinausschmetterte. Einmal vergaß der Weihnachtsmann sogar den Text. Er räusperte sich kurz und entschuldigte sich für den Faux-Pas. Dann schmetterte er erneut los.

Eine Frau die eben erst dazu gekommen war, machte große Augen, und sagte irgendetwas von Deutschland und Superstar. Plötzlich war der Zauber verflogen - der Weihnachtsmann wollte nicht mehr so recht singen, statt dessen fing er an über die Beamten zu jammern, die nichts davon verstünden wie das Leben hier draußen so sei. Adrian wiedersprach dem Weihnachtsmann vehement, doch irgendwie konnte er ihn auch verstehen - wahrscheinlich hatte er gerade versucht einen Schlitten mit 8 Rentieren durch den TÜV zu bringen, und war deswegen so schlecht auf die Beamten zu sprechen.

Als Neubürger der Stadt Baden-Baden können Adrian und Penelope nur sagen, dass die Beamten zu ihnen bisher ausgesprochen nett waren. Aber der Weihnachtsmann war sicher kein Neubürger mehr und dementsprechend vergrämt. Erst als ein 10-jähriger Junge ihm eine Tüte abnahm, war der Weihnachtsmann wieder ganz der Alte. Er lobte die Hilfsbereitschaft des Jungen, und beklagte sich darüber, daß man solch hilfsbereite Menschen, heute nur noch sehr selten findet. Mit diesen Worten stieg er eine Station später wieder aus, und ging seiner Wege...

Verlinkt!

Da denkt man gerade, man hat keine Leser und kann sich endlich in die Liste der Anonymen Blogger einreihen (Datenschutz geht vor, auch im luxuriösen Deutschland), da verlinkt plötzlich jemand, der liest, was alle lesen UND was keiner liest.
Ein hipper Jurist schreibt vergiftete Briefe und erwähnt darin neben einer Unzahl von Krimis zu einem der hiesigen Lieblingsthemen (ich sagen nur: S21) auch uns! Hui.
Adrian und Penelope bekennen: „Es sind noch keine regelmäßigen Leser vorhanden. Seien Sie der/ die Erste!“ Die meinen Dich, Felicitas. Schreib denen doch mal ‘nen Kommentar zur Entfesselung der Provinz. Als Präventivmaßnahme. Sonst wird das junge Pärchen irgendwann noch Quotenkult. Oder ein Fall fürs deutsche Strafrecht.
Auf die Entfesselung freuen wir uns schon, lieber Jurist, liebe Felicitas - nur unter 20 cm Schnee entfesselt sichs nicht so leicht. Das weiß jeder Zauberer. Nur auf das Strafrecht sind wir nicht so scharf, wenn ich mal für uns beide sprechen darf. Aber da Copyright liegt uns ja am Herzen - insofern wird da hoffentlich nix passieren. Und unsere mörderischen Seiten leben wir beide nur im Fiktionalen aus.

P.S. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt: Adrian spricht schon seit Wochen davon, darüber zu bloggen, dass er nur bloggt, um nicht gelesen zu werden. Das hat sich damit ja wohl erledigt, mein Lieber. :*

Sonntag, 19. Dezember 2010

Jungendliche Höflichkeit aus der Hölle.

Er und ich trauen uns aus dem Haus, am Samstag Nachmittag, in der Weihnachtszeit. Wir wagen es sogar, Baden-Baden zu verlassen und machen uns auf den Weg nach Karlsruhe (sic! wir sind zwei ganz Wilde)...

Aber schon im Bus bereuen wir unsere wilde Entscheidung. Abgesehen davon, dass die 201 tradionell ein voller Bus ist, hat sich in diesem Bus eine Gruppe jugendlicher Gruselgestalten in Form vom 13jährigen eingenistet.

Um eines klarzustellen: Er und ich sind noch nicht so alt, dass wir wirklich Angst vor jungen Leuten hätten, auch wenn sie in allen möglichen bizarren Verkleidungen daherkommen, die es in unserer Jungend noch nicht gab. Abgesehen davon haben wir lang genug in B- N*****n gelebt, dass uns Pöbeleien im Bus nicht mehr schockieren können, genausowenig wie eine dumme Anmache, eine Beleidung oder gar eine mehr oder weniger sexuelle Belästigung. Damit können wir umgehen.

In Baden-Baden aber haben die jungen Leute etwas entwickelt, was erschreckender ist, als jede nächtliche Fahrt mit dem S-Bahn-: Höflichkeit!

Ein Doppelplatz wird frei und er und ich steuern darauf zu, wir müssen ja noch bis zum Bahnhof durchhalten. Ich sitze schon, da dräng sich ein Stöpsel mit Sportjacke und -hose sowie Basecap vor ihn und fragt
Darf ich mich da hinsetzen?
Er ist ja ein höflicher Mann und bietet dem Jungen erstmal meinen Schoß an (Bitch! -.-). Das checkt der höfliche Boy gar nicht und Adrian setzt sich statt seiner auf meinen Schoß, der Junge neben uns. Adrians Rucksack legt er sich auf den Schoß, er will ja nicht, dass wir zu wenig Platz haben (...)

Vertraulich schwatzt der Junge mit uns.
Scheißvoll, ich kann echt nicht mehr stehen, Alter. Baden-Baden, echt [...]
So geht es weiter, immer mit diesem bizarren Tonfall beunruhigender Höflichkeit. Ich komm da nicht drauf klar. Die ganze Zeit musste ich mich zurückhalten, Adrians Rucksack festzuhalten.

Der beste Freund unseres minderjährigen Nebensitzers sieht aus wie ein als Gangster getarnter Nerd: Eine Brille, die seine Auge mehrfach vergrößert, dagegen aber weite Gangsta-Klamotten und eine ähnliche Attitude, wie unser Sitznachbar. Der ergeht sich plötzlich, immer noch schön höflich, in weiteren Verbrecherphantasien und zieht sich sein "Pali" über das Gesicht. Sein Nerd-Freund schaltet sich gleich ein:
Vorsicht, Alter. In Deutschland gibts nen Vermummungsgebot.
Ich weise ihn - ich bin ja auch höflich - nicht darauf hin, dass es nicht gerade ein Gebot ist, kann aber den Nerd in mir nicht ganz zurückhalten.
Das gilt aber nur auf Demonstrationen.
Besserwissen scheint zu helfen. Puh. Ich fühlte mich schon langsam wirklich bedroht von dieser penetranten Höflichkeit. Manchmal fühle ich mich einfach alt.

Donnerstag, 9. Dezember 2010

nikolaus wikileaks wetten dass street view harry potter wetter.com


Adrian und ich haben unterschiedliche Vorstellungen vom Lesen und Gelesen-werden, vom Sehen und Gesehen-werden. Während ich eher der auffällige, laute, etwas nervige Typ bin, ist er eher zurückhalten, ruhig und wartet ab, bevor er mit etwas herausplatzt.

Diese wirklich sehr stark heruntergebrochene Typisierung findet sich natürlich auch in unserem Blogverhalten wieder. Ich blogge hier zum ersten Mal wirklich stetig und bin ganz begeistert dabei, mein Leben hier im jetzt wieder weißen Baden-Baden zu beobachten und festzuhalten, während er noch immer darüber nachdenkt, wie er am besten seinen ersten Blogeintrag darüber verfasst, dass er am liebsten nicht gesehen werden würde.

Das fiel mir gleich wieder ein, als ich zufällig beim Web-Stromern auf diesen Beitrag stieß. Ganz stur habe ich den Tip befolgt und mir bei google-Trends die aufsteigenden Suchbegriffe für Deutschland angeschaut (siehe Titel).

Jetzt fühle ich mich irgendwie schmutzig. Aber was soll ich machen. Ich bin schließlich nicht in die Provinz gezogen, um nicht mehr wahrgenommen zu werden. Hallo?
(Dank für das Bild geht an melodi2 und morguefile.com)

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Was Baden-Baden mit Menschen macht.


Lange schon hatte man es mir ans Herz gelegt, erst jetzt, da ich selber in Baden-Baden wohne, lerne ich es zu schätzen: Der Berg von Robert Weber.


Alles, was man über das Baden-Badener Nachtleben wissen muss. Alles, was man über die Einsamkeit wissen muss, die Menschen verspüren, die nicht in Baden-Baden leben, sondern nur mal kurz zum arbeiten hier sind. Alles, was man über die temporäre Verwirrtheit wissen muss, die Menschen verspüren, die nicht in Baden-Baden leben, sondern nur mal kurz zum arbeiten hier sind.
Und dann auch noch alles, was Baden-Baden dir/mir/uns Nachts zu bieten hat, wenn man nicht ins Casino oder in eine Nachtbar gehen will (was sich ja auch als sehr gefährlich herausgestellt hat).
Poetische Absurdität, absurde Schönheit, ja, das trifft es irgendwie. Und irgendwo gibt es auch Bier für unter 5 Euro. Bestimmt.

Dienstag, 7. Dezember 2010

Ich bin ganz gerührt 2

In Baden-Baden ist die Welt nicht nur in Ordnung, sie macht sogar richtig Hoffnung. Denn hier hören nicht nur die Taxi-Fahrer SWR2, um ihr Leben zu retten, sondern die Döner-Laden-Besitzer vergewissern sich via Radio auch ihrer selbst. Und sagen gleichzeitig ja zum deutschen Kulturradio. (Yay!)

Bei einem kleinen Abendimbissausflug - der in BB zwar wesentlich teurer ausfällt als in Berlin, dafür aber wesentlich mehr Geschichten bringt (sic!) - sitzten er und ich in einem Dönerladen in der Fußgängerzone. Mit knurrenden Mägen bestellen wir "Yufkas" für vier Euro pro Stück (ja, Berliner Freunde, bemitleidet uns) und sitzen dann an einem schicken blankpolierten Holztisch in rustikal-urbanem Ambiente (heißt: Holzofen-Backstein-Style im Hintergrund, kühle, türkisene Wände im Vordergrund).

Von da, wo unsere Yufkas zubereitet werden, klingt eine ruhige Stimme, die von Atatürks Regierungszeit sowie dem davor und danach berichtet. Nach der Absage des Beitrags erklingt das Singet von Deutschlandradio Kultur.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich in B oder auch in FD beim Dönermann nie was anderes gehört habe, als entweder türkische/arabische Popmusik (manchmal wahrscheinlich auch Schlager ... aber für den Unterschied bin ich manchmal selbst im deutschsprachigen Raum zu ignorant) ODER banales Blabla-Pop-radio. Und deswegen glaube ich von jetzt an an Baden-Baden.

Freitag, 3. Dezember 2010

Ich bin ganz gerührt ...

... von diesem kleinen Fund. In Baden-Baden ist die Welt noch in Ordnung, wenn Taxifahrer hier SWR2 hören - und das auch noch ihr Leben rettet.