Montag, 29. November 2010

Hier springt Max Raabe dich auf der Straße an.

Baden-Baden ist eine Kulturstadt. Eine wunderschöne Innenstadtkulisse, lange Alleen - und jetzt liegt auch noch Schnee. Da kann es einem, aka ihm und mir, aber passieren, dass man Abends vom Einkaufen kommt und plötzlich auf der Straße angesprochen wird:
"Tschuldigung, wollen Sie vielleicht zwei Karten fürs Festspielhaus?"

Wir stehen vor dem prächtigen Eingang und der junge Mann mit einer Leuchtjacke von besagtem Festspielhaus hält uns zwei glänzende Karten hin. "Was gibt es denn?", fragt er.

"Max Raabe", sagt der junge Mann.

An der Garderobe muss ich feststellen, dass wir zu viel eingekauft haben: Wir haben nicht mehr genug Geld für die Garderobe, die 1,50 pro Mantel kostet, die Jacke anlassen darf man nicht. Wir durchkramen unsere Geldbeutel und kriegen immerhin eine Garderoben-Pauschale zusammen. Und dann noch einen flehenden Blick, der die Garderobenfrau erweicht. Sie nimmt unseren übervollen Korb und das Kartoffelnetz entgegen und wir werden in den 2. Stock zum 2. Rang geschleust. Während des ersten Zwischenapplauses schlüpfen wir herein und sitzen plötzlich zwischen vielen gut gekleideten Menschen, die auch zu spät gekommen sind.

Und Max Raabe, hach, was soll ich sagen: Schön skurril, mit dem lustig-unbeholfenen ironischen Chauvinismus der 20er und 30er Jahre-Schlager - genau das richtige an einem Freitagabend.

In der Pause dürfen wir auf unsere "eigentlichen" Plätze in der 20. Reihe Parkett gehen. Er und ich ernten einige Blicke der Kulturstädtler: Meine Gummistiefel mit Gelb-Orange-Rotem Herbstblattmuster, die grüne Strickjacke mit Pelzkragen und das ausgeleierte schwarze Kleid heben sich von den Perlenketten, Hosenanzügen und Designer-Kleidern ab, sein Norwegerpullover, Karohemd und zerrupfte Jeans bilden einen fröhlichen Kontrast zu den Anzügen in taupe, dunkelgrau und bleu. Ein Häppchen-Teller kostet mehr, als unsere ganzen Einkäufe unter dem Garderobentisch.

"Meinst du, wir können uns da kurz was holen und ein Brot schmieren?", fragt
er.

Dann sitzen wir in der 20. Reihe, Max Raabe sing "Du-Du-De-Lu" und wir halten uns verliebt an den Händen. Eine ältere Dame neben uns lächelt verschmitzt, als unsere Blicke sich begegnen.
Baden-Baden hat uns heute willkommen geheißen.