Freitag, 7. Januar 2011

Auffällig, Herr Freud. Finden Sie nicht?

Beim herunterscrollen fiel mir gerade auf, dass ich bisher nur niedliche Bilder gepostet habe, 50% davon mit kleinen Kindern. Das muss dieser Nestbautrieb sein, der seit meinem WG-Auszug und Pärcheneinzug eingetreten ist.
Damn!
(http://morguefile.com/archive/display/228858)

Amtsauthismus und Prokrasti-dingsda

Es gibt viele schöne Gründe, um zu bloggen, zum Beispiel die anhaltenden Behauptung, Journalisten müssten das können, neben twittern, flickrn, diggen, linkedln und all den anderen schönen Web2.0-Tätigkeiten, in deren diskreten Subtexten "Zukunft" ganz fett gedruckt steht.

Für mich gibt es gerade aber noch viel mehr schöne Gründe, nicht zu bloggen. Gründe, für die ich mich hier ausdrücklich nicht entschuldige, denn: Blogs, die sich dafür entschuldigen, dass nichts auf ihnen passiert, sind doof. Und Blogger_innen, die dies tun, sind noch viel viel schlimmer. Leider ist eine der Tätigkeiten etwas, für das ich mich dauernd entschuldigen muss und will - weil nicht nur ich, sondern auch meine Umgebung darunter leiden muss.

Nun. Jetzt will "man" (bzw. der nicht vorhandene Leser) wohl wissen, was diese Gründe (und besonders der eine Grund) sind. Die offensichtlicheren sind natürlich Weihnachten, Silvester und eine sich noch immer (sic!) im Kistenchaos befindende Wohnung.

Der wichtigste Grund ist aber, dass Baden-Baden mittlerweile zu meinem persönlichen Symbol von Erwachsen-werden geworden ist. Abgesehen davon, dass ich mit meinem "festen Freund" "zusammengezogen" bin und eine "Arbeit" habe, fallen jetzt mehr und mehr Aktengeschäfte an.

Und das ist schlimm. Ich habe nämlich Amtsauthismus. Dieser schwer zu lesende Neologismus, der mir heute morgen auf dem Weg zur Arbeit eingefallen ist, bezeichnet meine völlige Unfähigkeit, öffentliche (und meist wichtige) Dokumente rechtzeitig zu kopieren, zu unterschreiben, abzusenden etc.

Da gilt sowohl für die Steuererklärung, die sicherlich bei den meisten keine Festtagstätigkeit ist, aber auch sämtliche andere Anträge, Adressänderungsmitteilungen etc. Ich weiß, dass ich dadurch eines Tages nochmal vor Gericht oder gar im Gefängnis landen werde, kann mir aber selbst nicht helfen.

Sobald ich einen öffentlichen Brief in der Hand halte, bricht mir der kalte Schweiß aus, mein Herz rast und obwohl ich es besser wissen müsste (habe immerhin studiert, ach) lege ich den nur sehr sehr kurz geöffneten Brief dann irgendwo auf einen Stapel mit Papier. Nur so kann ich mir sicher sein, dass er aus meinen Augen und damit auch aus meinem Sinn verschwinden wird.

Leider nur für kurze Zeit, denn trotz meiner panikbehafteten Unfähigkeit, mich um derlei Dinge zu kümmern, kann ich sie trotzdem nicht vergessen. Sie fallen mir vorzugsweise in den frühen Morgenstunden ein, wenn ich schutzlos wachliege und dann nur mittels Kinderkassette wieder einschlafen kann. Oder auch auf ICE-Fahrten von A nach B, die dadurch zur Denkhölle werden. Also vorzugsweise an Orten und zu Zeiten, an denen ich überhaupt nichts tun kann: Keinen Anruf tätigen, nicht mal fix zur Post gehen und und und.

Mein Lieblingstätigkeit gegen das Aktenabarbeiten, Rechnungenschreiben etc. ist das ausführliche Prokrastinieren. Anstatt mich schnell um das zu kümmern, was gemacht werden müsste, mache ich dann Sachen, die ich gut kann und/oder die mir Spaß machen. Aber weil ich ja ab und an zum hyperreflektieren neige, habe ich mir zum Beispiel verboten zu bloggen, bis meine verlorene Lohnsteuerbescheinigung aus Berlin hier angekommen ist. Was erlaubt war, war zum Beispiel, ein Gedicht für den Cara Calla-Gedichtwettbewerb zu schreiben.

Damit habe ich jetzt gerade 2 Eintrittskarten gewonnen. Das sind 4 Stunden Wärme, Wasser und Salzluft, in denen ich keine Akten bearbeiten muss. Und die Lohnsteuerkarte ist jetzt da. Es hat alles auch seine guten Seiten.



P.S. Die gute Nachricht des Monats für mich: Aber 2011 wird die Lohnsteuerkarte elektronisch gemacht. Danke!



P.P.S. Hier noch das Gedicht. Kein Kommentar dazu.


Schnupfen, Wind und Schneegestöber
gehn mir richtig auf die Leber.
Ich dreh bald durch, werd balla balla.
Doch es gibt Rettung: Cara Calla! ´

Fotocredits: http://morguefile.com/archive/display/89760